Interview von Sunny W. (Gewerkschafterin, JVA Chemnitz) mit einer Gefangenen (die als Neuzugang in die JVA Chemnitz kam) und 4 Wochen unter heftigsten Bedingungen leben musste!

Das folgende Interview dokumentiert die nicht vorhandenen Schutzmaßnahmen in der JVA Chemnitz und mangelhafte gesundheitliche Versorgung im Gefängnis. Am Beispiel eines Neuzugangs zeigt Sunny, welche Maßnahmen nicht getroffen werden und wie traumatisierend und unwürdig Menschen in Gefangenschaft „empfangen“ werden.

Interviewerin: Minonek, du bist 26 Jahre alt, kommst aus Sachsen und bist zu 7 Monaten Haft verurteilt. Seit wann genau befindest du dich in Haft

Miri: Seit dem 03.03. Ich wurde früh gegen 8 Uhr festgenommen und war dann seit ca. 9 Uhr in der JVA.

Interviewerin: Wie war das für dich, als du ankamst?

Miri: Grausam!

Interviewerin: Warum?

Miri: Ich kam in die Kammer und wurde von 4 – 5 Bediensteten in „Empfang“ genommen und von denen direkt in den besonders gesicherten Haftraum (BgH; Bunker)  geschliffen.

Interviewerin: Hat man dir gesagt warum?

Miri: Nein! Bis heute weiß ich es nicht.

Interviewerin: Wie lange warst du im BgH?

Miri: Von ca. 9.30 Uhr bis nächsten Mittag. Ich hatte ja keine Uhr und als ich auf Station kam, gab es schon Mittagessen.

Interviewerin: Wie war es danach für dich?

Miri: Ich war froh da raus zu sein und kam auf Doppelbude. Mit der hab ich mich gut verstanden.

Interviewerin: Wir war dann dein Alltag?

Miri: Die 1. Woche war normal, ob Aufschluss, Basteln oder Sport.

Interviewerin: Und dann?

Miri: Wurden Schutzmaßnahmen getroffen. Erst fiel nur Basteln und Sport aus dazu 21,5 Stunden Einschluss. Von 8 bis 9.30 Uhr Aufschluss, dann eine Stunde Hof und dann zu.

Interviewerin: Hattet ihr irgendetwas auf dem Haftraum? Radio oder so?

Miri: Nein. Nach ca. 2 Wochen bekamen wir ein Radio, weil wir uns immer am Fenster unterhalten haben.

Interviewerin: Du sprachst von Quarantänemaßnahmen. Was genau muss ich mir darunter vorstellen?

Miri: Wir wurden abgesondert von den Neuen, hatten getrennt Aufschluss und Hofgang. Allerdings nutzten wir zusammen Küche und Fernseherraum. Die Neuen mussten auch Mundschutz tragen. Zumindest auf dem Hof, ob auf Station weiß ich nicht.

Interviewerin: Haben die Bediensteten Mundschutz und Handschuhe getragen?

Miri: Mal ja, mal nein. Mal nur Handschuhe oder Mundschutz, mal beides, mal nichts.

Interviewerin: Wir haben die Info, dass unter den Gefangenen mal wieder in Fall von TBC (Tuberkulose) ist. Kannst du das bestätigen?

Miri: Ja. Eine war kurz im Krankenhaus und als sie wieder kam hat sie bestätigt, dass sie die Diagnose TBC bekam.

Interviewerin: Wurde sie gesondert untergebracht?

Miri: Das weiß ich nicht genau, da wir ja gesplittet waren.

Interviewerin: Wann warst du dann das erste Mal beim Anstaltsarzt?

Miri: Er kam noch am ersten Tag zu mir in den BgH.

Interviewerin: Hat er dich bzgl. Corona befragt und untersucht?

Miri: Nein! Er hat Fragen wegen Erbkrankheiten und Schizophrenie gestellt.

Interviewerin: Wurde dir Blut abgenommen?

Miri: Nein. Ich weiß nicht ob es wichtig ist,

aber als der Anstaltsarzt bei mir war, habe ich ihm gesagt, dass ich vor Kurzem Krätze hatte. Er fragte mich ob es weg sei. Ich sagte ihm, dass ich es nicht weiß. Er meinte dann noch, dass ich das hier auf gar keinen Fall irgendjemandem erzählen soll.

Interviewerin: Was hältst du von den Schutzmaßnahmen der JVA?

Miri: Lächerlich! Für so eine Seuche, wo man dran sterben kann viel zu wenig.

Interviewerin: Habt ihr irgendwelche Infos bekommen?

Miri: Nein! Außer, dass wir nur noch 2 Rollen Toilettenpapier pro Woche bekommen, da es draußen auch eng wird.

Interviewerin: Habt ihr sonst etwas bekommen, Handseife oder Desinfektionmittel?

Miri: Nein. Am Anfang 1x Zahnpasta, Zahnbürste, einen Kamm und 3-4 so mini Duschbad und Haarwäsche in einem, wie in Hotels – so Probedinger. Das war’s.

Interviewerin: Was müsste deiner Meinung nach in der JVA passieren?

Miri: Vor allem höhere und strengere Hygienemaßnahmen. Alle unter einem Jahr sollten entlassen werden und vor allem sollte jeder getestet werden.

Interviewerin: Denkst du das wird sich in der JVA noch zuspitzen?

Miri: Möglich ist alles!

 

Kommentar von Sunny zu dem Interview: Das Interview hat mich geschockt. Vor allem, dass wieder einmal jemand ohne Informationen in den BgH gesteckt wurde. Horror für jede! Und das Interview zeigt auch einmal wieder, dass die JVA nichts im Griff hat. Und Minonek hat Recht – die „Schutzmaßnahmen“ sind lächerlich. Noch ist kein Fall bei uns, aber wenn sieht es dunkel für uns aus. Wenn der Anstaltsarzt sogar rät, zu Krätze, einer hoch ansteckende über Schleimhautinfektion übertragbare Krankheit, nichts zu sagen. Was ist/wäre, dann in einem Corona-Fall? Totschweigen?!

Das Risiko der Infektion in Haft steigt von Tag zu Tag! Und das unaufhaltsam.

Man kann nur hoffen, dass bald, ganz bald die richtigen Entscheidungen getroffen werden.

 

FORDERUNGSPAPIER (Von 70 Gefangenen unterschrieben) an die Anstaltsleitung und das Justizministerium

19.03.20

FORDERUNGSPAPIER (Von 70 Gefangenen unterschrieben) an die Anstaltsleitung und das Justizministerium

 

Sehr geehrte Frau König-Bender,

ich wende mich nun an Sie, da ich so wie alle Gefangenen Angst und Sorge habe, wie es mit uns weiter geht. Daher bitte ich Sie inständig, lassen Sie uns _nicht_ länger im Ungewissen! Dass wir alle zwei Tage mal ein paar Informationen erhalten z.B. in Hinsicht auf Besuchseinschränkungen entspannt die Situation nicht im Geringsten. Auch die Tatsache, dass man lediglich informiert wird, wenn es einen selbst betrifft und auch nur dann, ist wenig beruhigend. Denn wir alle haben indirekt oder direkt irgendwie/irgendwo mit jedem Gefangenen zu tun. Also betrifft und geht es auch uns alle an! Wir verstehen, dass es auch für Sie eine Herausforderung ist dem Ganzen Herr zu werden. Aber nicht nur die Bediensteten haben ein Recht auf Information. Auch wir Gefangenen. Denn wir sind es, die dem Ganzen gnadenlos ausgeliefert sind. Darauf hoffen müssen, dass das Justizministerium und auch sie als Anstaltsleiterin die richtigen Entscheidungen für uns treffen. Dass Bedienstete lediglich Fieber gemessen bekommen, weiterhin ohne Mundschutz und Handschuhe arbeiten weckt absolutes Unverständnis. Wir wissen, dass es einen Pandemieplan gibt, doch was beinhaltet dieser? Gibt es eine Quarantänestation? Wie wird im Fall eines positiven Falles reagiert? Werden wir informiert? Sind weiterhin Einkäufe durch Massak (Anmerk. der Abtippenden: Die Firma Massak Logistik GmbH http://www.massak.de/ beliefert über 70 Knäste in Deutschland) gewährleistet? Ist es wie in Schleswig-Holstein geplant aufgrund der eingeschränkten sozialen Kontakte Telefonentgelte auszusetzen. Eventuell Skype-Anrufe tätigen zu können? Viele haben Angst um ihre Angehörigen und sich, sind aber finanziell nicht in der Lage etwaige Telefonkosten zu stemmen oder stemmen zu lassen. Hinzu kommt, dass gerade auch im Fall einer kompletten Quarantäne es für die Psyche eines Jeden förderlich wäre, gerade dann derart soziale Kontakte aufrechterhalten zu können. Wir haben viele Fragen v.a. auch wie es sich mit der medizinischen Versorgung verhält. Denn diese ist ohnehin schon in der Vergangenheit kaum gegeben. Ist geplant etwas am Arbeitsablauf zu ändern? Denn jeden Morgen treffen sich alleine beim Ausbildungsablauf rund 55 _nur_ Gefangene in der 53. Für den Fall, dass die Ausbildung und Arbeit ausfallen werden gibt es da dennoch Entlohnung? Und seien es nur 60% der eigentlichen Entlohnung. Ist geplant erstmal für jeden Haftraum unentgeltlich ein TV Gerät zu stellen? Wir haben Fragen über Fragen. Doch bekommen keinerlei Antworten. Wir bitten Sie inständig uns Antworten und das Gefühl der Sicherheit zurück zu geben. Dies ist nun wichtiger denn je!

Mit freundlichen Grüßen Sunny W.

Aufruf!

Aufruf zur akuten Unterstützung anlässlich der verstärkten Isolierung von Gefangenen!

Ihr lieben da draußen, ich sehe mich angesichts der verheerenden Situation gezwungen Euch, für mich fremde Menschen um Hilfe zu bitten.

Denn die einzige Möglichkeit noch halbwegs soziale Kontakte aufrecht zu erhalten, Euch über die aktuellen Zustände und die aktuellen Situationen auf dem Stand zu halten, sind Telefonate und Briefe.

Die Situation wird jeden Tag schwerer zu ertragen, hinzu kommt die Sorge um meine Kinder, Familie und Freunde.

Um mich ein wenig abzulenken, um die Angst wenigstens kurz nicht spüren zu müssen, mich vergewissern zu können, fehlt es leider an Telefongeld.

Aber eben auch um mich informieren zu können.

Daher bitte ich von Herzen um Spenden. Jeder Cent zählt und für jeden Cent bin ich Euch unheimlich dankbar!!!

Ich weiß mir keinen anderen Rat mehr.

Danke! Eure Sunny W.

Hier könnt ihr online Geld überweisen:

mytelio.de

Telio-Kontonummer: 8410597

 

Wenn ihr selbst unter prekären Zuständen leidet schreibt doch Briefe an Sunny oder andere Gefangene (s.Aktionen und Solidarität -> write letters to prisoners):

Sandra Walter

Thalheimerstr. 29

09125 Chemnitz

Corona in Haft…

10.03.2020

Corona in Haft?! Was nun – was tun?

Wir hätten gerne eine Information, wie die JVA bei einer möglichen Erkrankung umgeht. Es gibt selten einen Tag, wo keine Frau inhaftiert wird. Wer versichert uns, dass sich Person X NICHT angesteckt hat? Ist eine Quarantäne-Station geplant, wo der Zugang (neue Inhaftierte) vorerst untergebracht werden, bis eine Erkrankung definitiv ausgeschlossen werden kann. Die Justiz hat eine Informations- und Fürsorgepflicht. Soweit, so gut, nur leider scheitert es an der Umsetzung! Die Vergangenheit hat leider gezeigt, dass wir mit den Ängsten, durch mangelnde Aufklärung allein gelassen werden. Wie soll man, durch ein derartiges Verhalten ein Gespür von Sicherheit verspüren, das ist sicher unmöglich. Man steht am Morgen auf, schaut TV oder hört Radio und es ist eigentlich egal auf welchen Sender man schaltet, Corona ist überall. Zwei Beispiele aus vergangenen Tagen 2019/2020, welche aufzeigen, dass Prävention und Aufklärung nur im Kreise der privilegierten Gesellschaft, der Blauhemdem stattfindet. Im vergangen Jahr 2019, waren es die Tuberkulose Fälle in der JVA Chemnitz. Wo wir seitens der JVA im Dunkeln gelassen und nicht im Geringsten informiert wurden. Damit meinen wir nicht, dass gegen die Schweigepflicht verstoßen werden soll. Manchmal sind es dir beruhigende Worte, die ein Gefühl von Sicherheit geben. Wo man zum Ausdruck bringt: keine Angst, wie haben alles unter Kontrolle! Oder auch das Gegenteil möchte man gerne mitgeteilt bekommen, keine Details, aber ein Hinweis, wo es jetzt am Sichersten wäre. Empathie wäre ein Vorteil. Unser Live-Ticker heißt hier Buschfunk. Dass wenn überhaupt 20% der Wahrheit ausspuckt. Als ich die Reaktion auf meinen Artikel vom Justizministerium erfahren habe, was ich schlicht weg sauer. Denn wir wussten von hinter den Mauern von drei Fällen, was auch schon viel zu viel ist! Durch mangelnden Informationsfluss stärkt es nicht das Vertrauen. Nun durch die Stellungsnahme des Justizministeriums erfahren wir, dass es sogar acht bestätigte Fälle in der JVA Chemnitz waren. Tuberkulose ist eine hoch ansteckende und gefährliche Lungenerkrankung.

In den vergangenen zwei Wochen wurde eine Mitgefangene unter Quarantäne gehalten, abgeschottet von allen, Essen bekam sie auf Plastikgeschirr. Auf Grund der rasanten Geschwindigkeit des Verbreitens von Corona, blieb natürlich die Angst, die Sorge, der Verdacht, dass es sich eben dabei um Corona handelt.

Durch den Buschfunk erfuhren wir, dass der Verdacht im Raum stand, dass sie an einer hochansteckenden Variante von Hepatitis erkrankt sei. Dieser Verdacht hat sich zum Glück nicht bestätigt. Aber was wäre wenn?!Wieviel hätte sie schon angesteckt? Denn keiner der Menschen, welche in direkten Kontakt mit ihr standen, wurden getestet oder gar abgesondert. Da stellt man sich die Frage warum?! Bezüglich dem aktuellen Thema fehlt uns auch der mediale Raum, wo man sich erkundigen könnte. So dass man jede menge Fragen hat – aber wer gibt uns die Antworten? Die Justiz sicher nicht.

Fragen wie:

  • Wann werden wir informiert?
  • Werden wir überhaupt informiert?
  • Wie wäre eine Quarantäne in Haft umzusetzen? (Bei maximal 5 Schwestern und einem Arzt tagsüber, auf ca. 270 Gefangene)
  • Wie soll man sich schützen, wenn man tagtäglich von mehreren Leuten umgeben ist, welche von Außerhalb kommen. Seien es die Bediensteten, die vielen externen Mitabrbeiter oder auch Besucher
  • Ab wann und gibt es überhaupt einen Aufnahmestopp in der JVA?
  • Werden „Neuankömmlinge“ überhaupt auf Corona getestet? Ist die erste Zeit abgesondert von den Anderen?
  • Wenn man Symptome hat und eventuell doch ein Test gemacht werden würde, wie lange würde es dauern, bis das Testergebnis da ist? (Bei der Gefangenen bzgl. Hepatitis hat es 14 Tage gedauert)
  • Was ist wenn eine Epidemie/Pandemie in Haft ausbricht?
  • Ist man auf solch einen Fall vorbereitet? Hat die JVA überhaupt einen Plan für den Fall, dass es einen von uns trifft?
  • Wie wird dann mit uns umgegangen? Werden wir „nur“ in den Haftraum verbracht, sind wir zu entlassen oder in eine Klinik zu bringen?

Fragen über Fragen.

Die JVA hat doch die Pflicht, schädlichen Folgen entgegenzuwirken, aber wie verhält es sich im konkreten Fall – Corona?!

Entspricht es der Fürsorge uns im Ungewissen zu lassen, weiter zu machen, als würde es uns nicht treffen „können“, unsere Ängste und Sorgen nicht ernst zu nehmen? Ich bezweifle dies doch sehr.

Sollte eine Fürsorgepflicht nicht vielleicht einen umfassenderen Informationsfluss vorweg gehen, da man auch weiß, wie die Frauen in der JVA sind. Der Buschfunk Liveticker entspricht wenn überhaupt 20% der Wahrheit und nicht der Buschfunk sollte uns über derartiges informieren mit Halbwissen, sondern die Justiz mit 100% Wahrheitsgehalt.

Der Psyche würde es sehr viel besser gehen, wenn man nachts sich nicht den Kopf zerbrechen muss, die Kinder und sich in Sicherheit weiß.

Der Schlafentzug, welcher dadurch entsteht, führt dazu, dass man irgendwann auf dem Zahnfleisch kriecht. Antworten und das Gefühl von Sicherheit bleiben dennoch aus.

Ich/wir Gefangenen der JVA Chemnitz rufen daher dazu auf: Werte Justiz, kommt euren Pflichten nach und informiert uns! Gebt uns Antworten und das Gefühl der Sicherheit

Eindrück von Sunny und anderen Gefangenen zur Anti-Knast Demonstration 2020

Mein Wort zur und nach der Demo!

Als erstes möchte ich sagen: DANKE! Ihr seid spitze, einfach unglaublich – jeder einzelne von euch, der gestern hier vor den Mauern für uns da war.

In den vergangenen Jahren war es so, dass ich Euch sehen konnte. In diesem leider nicht. Was aber nicht schlimm ist, denn ich habe euch dennoch gehört.

Und ich fand‘s mega, dass ihr es durchgesetzt bekommen habt, dass es direkt vor dem Eingang zur Hölle stattfinden kann.

Von 15 bis 16 Uhr ist hier am Wochenende Hofgang. Viele von uns haben sich unten getroffen, Euch zugehört, Euch gefeiert und darüber gesprochen.

Auch von den Menschen wie Möck und Lea ein mega Danke. Sie werden auch noch ein paar Worte dazu schreiben. Natürlich waren auch ein paar dabei, die es nicht toll fanden. Die es als Blödsinn abtun. Dies sind auch Menschen, die mich dafür anfeinden, für das was ich hier tue.

Was mir aber herzlich egal ist, ich werde dennoch und niemals damit aufhören. Und der Großteil von uns fand es einfach mal mega, dass ihr da wart. Und ich fand es gut und richtig, dass die Demo stattfand. Vielen von uns macht es Mut und spendet Zuversicht, dass wir doch nicht in allen Augen der Gesellschaft Menschen dritter Klasse sind. Weil wir im Leben Mist gebaut haben und dafür weg gesperrt wurden wie Tiere. In den Augen der Gesellschaft kommt man „nur“ in Haft, wenn man ein Schwerverbrecher ist. Was totaler Blödsinn ist!

Mittlerweile ist es so, dass man wegen den kleinsten Verfehlungen hier landen kann. Und seien es Omas (aktuell haben wir eine 78 jährige und 80 jährige alte Dame hier), die wegen Diebstahl einsitzen, weil die Rente nicht reicht.

Menschen, die mit der Bahn, Bus etc. ohne Ticket gefahren sind, weil eben das Geld nicht reichte.

Menschen, die auf Grund von Suchtproblematiken, Diebstähle oder Einbrüche begingen, um ihre Sucht zu finanzieren. Oder Menschen, wie ich, die Betrugsstraftaten begingen zur Finanzierung ihrer Sucht.

Eine Sucht ist eine anerkannte Krankheit, wofür man allerdings bestraft wird. Aber man kommt schlichtweg heutzutage wegen allem in den Knast.

Ich möchte es auf gar keinen Fall schön reden, dass wir alle Straftaten begangen haben. Und das definitiv nicht einfach ignoriert werden kann. Aber das System und die Gesellschaft sollten man hinterfragen was, wie warum dazu geführt hat. Und vielmehr, bzw. überhaupt damit anfangen den Menschen zu helfen, statt weg zu sperren. Augen verschließen und hoffen, dass sich das Problem mit der Zeit von alleine löst.

Denn ich kann euch sagen, dass wird es nicht! Ihr seid auf dem Holzweg, wenn ihr das glaubt!!!

Menschen, wie ihr gestern (Bzg. Auf 07.03.) spendet uns unheimlich viel Zuversicht, Kraft und Hoffnung. Dass wir noch nicht in allen Augen der Gesellschaft aufgegeben wurden.

Wir, auch wenn wir Mist gebaut haben, etwas wert sind. Ich hatte Gänsehaut und Tränen in den Augen, wie all die Jahre zuvor. Und vielen von uns hier ging es so. Ein herzliches Dank von hinter den Mauern an die Menschen vor den Mauern, die uns nicht aufgegeben haben. An Euch!

Noch ein Wort in eigener Sache – IHR SEID MEGA!!! Leider habe ich euch nicht gesehen, auch wenn einige von euch sich auf den Weg zu meinem Fenster gemacht haben. Denn ich war noch exakt 7 Minuten auf dem Hof.

Aber ich habe euch gehört – MEGA DANKE!

Ich war zu Tränen gerührt.

Ihr seid unglaublich!

Zum Abschluss zusammenfassend gesagt:

Ein mega großes Danke, ihr seid Spitze und es ist arg wichtig für uns zu wissen, dass es Euch da draußen gibt und ihr es uns gestern auf diesen Weg gezeigt habt.

Danke!

Eure Sunny W.

Neues aus dem Knast..

                                                                                                   Anfang Februar 2020

Ein Leben hinter Gittern – der Angst, der Hoffnungslosigkeit, aber ab und an Zuversicht!

Viele werden sich nun nach dem Sinn des Titels fragen. Und ich werde versuchen, dass sie ihn am Ende verstehen. Im Moment habe ich noch mehr Zeit, mich, mein Leben, mein Dasein zu hinterfragen. Also auch, um mein Leben zu reflektieren. Noch mehr Zeit deshalb, da ich für 7 Tage 23 Stunden Einschluss habe.

Dazu mehr in meinem Artikel über „Gleichberechtigung“. Seit 889 Tagen bin ich nun in dieser Hölle. Und einige kennen meinen Kampf. Jeder einzelne Tag ist eine Zerreißprobe hier drinnen. Bestimmt durch Angst, Angst vor der nächsten Panikattacke, Angst vor der nächsten Hiobsbotschaft von draußen, Angst vor der nächsten Schikane des Systems und den ausführenden Objekten. Aber auch Angst davor wieder draußen zu sein. Angst nicht mehr in das normale Leben zu finden. Angst davor es wieder nicht zu schaffen. Angst wieder Menschen und auch sich selbst zu enttäuschen. Dann macht sich oft auch Hoffnungslosigkeit breit. Wenn man macht und macht und sich dennoch nicht nach vorne bewegt. Dass egal, was man versucht, es doch wider abgelehnt wird. Wodurch schnell auch wieder Angst die Hauptrolle spielt. Angst davor weiter zu machen – einen Kampf, der hoffnungslos ist. Denn es erweckt den Anschein, dass ich nicht gewinnen kann. Egal was ich versuche, mache und tue – ich drehe mich ja doch nur im Kreis.

Seit Beginn der Haft tue ich alles, um die Hilfe zu erhalten, die ich brauche. Dringend brauche!

Meine Agoraphobie1 und Panikstörung hat mein Leben vor der Haft schon bestimmt, zur Hölle gemacht. Weswegen ich auch für haftunfähig erklärt wurde. Doch interessiert es nur leider kein Gericht.

Mit jedem Tag wird es schlimmer und schlimmer. Erneut habe ich einen Antrag gestellt, die Haft zu unterbrechen, damit ich endlich die Behandlung bekommen kann, die Gutachter empfohlen haben und ich dringender denn je brauche. Doch mache ich mir nichts mehr vor, auch dieses Mal wird es abgelehnt werden. Denn auch diese Mal wird die JVA irgendwas geschehen lassen, um es zu verhindern. Sonst müsste sie sich ja eingestehen einen Fehler gemacht zu haben. Und das werden die niemals zugeben!

Das Schlimme ist, dass dadurch billigend in Kauf genommen wird, das es zu einer chronischen Erkrankung wird. Oft werde ich dennoch bewundert, wie stark ich doch bin. Tja – nur leider ist das oft mehr Schein als Sein. Auch leider zum Selbstschutz. Schon einmal hat mich eine Fehlinterpretation der JVA in den BgH (Besonders gesicherter Haftraum = Bunker) gebracht.

Also ab in das alte Muster – keine Gefühle zeigen vor denen. Wenn die Tür dann zu ist, dann fließen Tränen. Tränen der Angst, der Hoffnungslosigkeit, aber auch der Wut. Was mir aber bei allem Unheil hilft, ist die Tatsache, dass ich nicht alleine bin. Durch meinen niemals enden werdenden Kampf, habe ich unglaublich tolle Menschen kennen gelernt. Am Anfang war ich sehr skeptisch und ängstlich. Zu oft war ich von Menschen arg böse enttäuscht worden.

Doch nach und nach lernte ich zu vertrauen, lernte dass ich es auch kann. Dass es wirklich Menschen gibt, die mich so mögen, wie ich bin. Und ich weiß selbst, dass ich oft nicht einfach bin. Diese Menschen sind in erster Linie meine zwei super T’s. Und meine erste große wahre Liebe. Ja, man kann diese hinter Gittern finden. Gott, ich kann das Kopfschütteln einiger Leser schon förmlich hören. Ich selbst hätte es auch nicht für möglich gehalten. Vor einem Jahr hätte ich jeden ausgelacht, der das behauptet hätte. Doch mein Herz und mein Bauchgefühl sagen mir nun eindeutig – es geht! Und mein Herz lügt nicht. Vor 9 Jahren, während meiner letzten Haft, hab ich meine nun mehr aller beste Freundin kennen gelernt. Und dies hätte ich vorher nie für möglich gehalten. Doch es geht – ich schwör’s!

Für Menschen, die in Haft waren, ist es arg schwer im Anschluss Anschluss zu finden. Man passt eben nicht mehr in die Gesellschaft, bzw. in das Bild davon. Dabei sind wir alle Menschen. Menschen, die alle zum ersten Mal leben und Menschen machen Fehler. Die einen mehr, die anderen weniger. Menschen, wie ich wurden durch Richter dafür bestraft und werden es hier drinnen 2-3 mal mehr! Das Schlimme ist, dass man auch im Anschluss noch dafür bestraft wird und durch die Gesellschaft wie Aussätzige behandelt wird. Die nicht stattfindende Resozialisierung hinter Gittern und die engstirnige Gesellschaft im Anschluss, sowie die negativen Nachwehen der Haft an sich, sind der Grund, warum es viele nicht schaffen hinterher ein normales Leben zu führen. – immer wieder hier landen. Ein nicht enden wollender Kreislauf. Viele haben hier drinnen auch keine Unterstützung, haben auch hinterher niemanden. Ein Schicksal, das ich ganz oft mitbekomme, was mir jedes Mal Gänsehaut verpasst. Ich kann, und das tue ich auch, mich glücklich schätzen für die ganze Unterstützung, die ich erhalte.

Selbstverständlich ist das für mich nicht im Geringsten. Bis vor knapp zwei Jahren war ich allein. Oder anders gesagt, ich hatte Menschen in meinem Leben, die zwar da waren, aber nur solange ich es war. Ich war diejenige, die immer für alle da war. Aber wenn ich jemanden brauchte, der für mich da war, war ich allein.

Was es auch nicht unbedingt einfach für mich gemacht hat, Menschen in mein Leben zu lassen. Deshalb war es für mich auch unglaublich schwer das Ganze, die Unterstützung und alles anzunehmen. Doch diesen Menschen geht es um mich als Mensch und nicht nur das, was ich leiste/gebe. Zum ersten Mal in meinem Leben!

Und das Gefühl war am Anfang erschreckend, doch nun ist es einfach nur noch schön. Es gibt mir die nötige Zuversicht für jetzt und für hinterher. Denn ich bin nicht mehr allein! Und das ist das, was mir die Zuversicht, aber auch die Kraft gibt, jeden Tag weiter zu machen. Auch wenn es arg oft schwer fällt. Ich werde nicht aufhören zu kämpfen, mich aufzulehnen und nicht aufgeben!

Das „Leben“ hier drinnen ist die pure Hölle, geprägt von Angst und Hoffnungslosigkeit. Aber Dank meiner zwei super T’s, meiner großen Liebe, meiner besten Freundin und den vielen anderen Unterstützern und natürlich der besten Anwältin ever, habe ich die nötige Zuversicht, dass alles irgendwann endet und besser wird. Ich danke Euch von Herzen – es tut gut Euch in meinem Leben zu wissen.

I know I’m not alone!

Together we are strong!

Eine Stimme ist ein Solo,

viele Stimmen sind ein Chor

und können gemeinsam sich schaffen Gehör!

Eure Sunny W.

1„Die Agoraphobie bezeichnet die Angst vor der Außenwelt und ist die häufigste Form der Angststörung. Ein Patient, der unter dieser Störung leidet, hat Angst vor Situationen, aus denen er nicht flüchten kann oder gar glaubt, die Kontrolle über sich zu verlieren. […] Die Situationen, die diese Ängste hervorrufen, werden zunehmend gemieden und die Ängste auf Umgebungen übertragen, die bisher keine Angstgefühle auslösten. Es entsteht die sog. Angst vor der Angst.“ (https://flexikon.doccheck.com/de/Agoraphobie)

Neues aus dem Knast…

30.01.2020

Verstoß gegen Datenschutzrichtlinien

Ich bin ein Mensch, dem selten die Worte fehlen, doch gestern, dem 29.01. hat es selbst mir die Sprache verschlagen. Meine Anwältin und ich haben ja am 09.01. einen neuen Antrag auf Haftunterbrechung gestellt. Denn trotz dass die JVA seit fast einem Jahr in Kenntnis von den selbst in Auftrag gegebenen Gutachten sind, passiert nichts. Gut, nichts ist etwas geflunkert. Man arbeitet kräftig daran mich weiter zu destabilisieren – Ironie, aber leider 100% wahr.

Auf jeden Fall sollte natürlich unser toller Anstaltsarzt eine Zuarbeit zur Stellungsnahme machen, die die Staatsanwaltschaft Zwickau angefordert hat.

Gestern nun durfte ich zu ihm, damit er mir mitteilen konnte, dass meine kompletten medizinischen Akten aus der Anstalt verschwunden sind. Ob ich nochmal zur Begutachtung irgendwo war? Nein! Das habe ich gefühlt zehnmal wiederholen dürfen. Selbst wenn dem so gewesen wäre, hätten die Kenntnis davon.

Das letzte Mal war ich im November 2018 in Bautzen zur Begutachtung, wo ich weiß, dass im September 2018 meine Akten dahin gesandt wurden. Und eine so genannte Hilfsakte angelegt wurde. Da die Akten weg sind, konnte er (der Anstaltsarzt in der JVA Chemnitz) keine Zuarbeit machen – logisch! Wo ich mich dann nun auch frage, welche „Märchen“ nun an die Staatsanwaltschaft gesendet werden?!

Heute war ich nochmal beim MED (medizinischen Dienst) und habe dann nochmal nachgefragt. Die Schwester konnte/kann sich das auch nicht erklären. Man musste eine neue Hilfsakte anlegen. Was mir sagt, dass die Akten nach der Begutachtung verschwunden sind.

Man habe wohl schon überall geschaut, sie sind weg!

Bei mir auf dem Haftraum sind sie nicht. In den Akten sind alle Gutachten, Berichte von Therapeuten und Kliniken. Also hoch sensible Daten. Mein ganzes Leben steht da drin. Ich habe das ganze nun beim Justizministerium angezeigt!

Wegen Verstoßes gegen die Datenschutzrichtlinien. Langsam komme ich mir vor wie in einem schlechten Krimi! Was zur Hölle kommt als nächstes!?!

In den nächsten Tagen folgen einige Artikel. Denn auch der MED hat sich mal wieder was Heftiges geleistet. Und vor allem folgt ein Artikel über Gleichberechtigung – gibt’s in Haft übrigens zu 0%. An dieser Stelle möchte ich auf jeden Fall erstmal ein mega fettes Danke an T und T setzen. Und an alle anderen, die mich unterstützen. Ihr seid die Besten!

DANKE!!!

Dennoch frage ich mich jeden Tag – wird die Hölle irgendwann enden?!