Sehr geehrter Herr Kretschmer,
erneut wende ich mich voller Sorge an sie, denn das Risiko einer Infektion mit Covid-19 in Haft steigt von Tag zu Tag. Doch wird seitens der Bundesregierung und auch des Justizministeriums nicht darauf eingegangen oder gar nicht reagiert. Mir ist durchaus bewusst, dass ich auch auf diesen Brief keine Antwort erhalten werde. Dennoch bitte ich Sie abermals um ein Zeichen, dass wir nicht vergessen wurden. Bereits im letzten Brief an Sie tat ich kund, dass mir durchaus bewusst ist, dass wir alle irgendwann, irgendwas, irgendwie gegen Gesetze verstoßen haben. Der eine mehr, der andere weniger. Dennoch sind und bleiben wir ein Teil der Gesellschaft. Und wie jedem Menschen in unserem Land, steht doch auch uns zu diese Pandemie unbeschadet zu überstehen. Die Menschen in unserem Land wurden in ihren Grundrechten eingeschränkt, sei es durch Kontaktverbote oder Ausgangsbeschränkungen. Mit der Grundlage jeden Menschen, gerade die Älteren oder chronisch Kranken vor einer Infektion zu schützen. Ihnen so den Schutz vor einer Infektion einzuräumen. Das Leben zu wahren. Denn das Virus zeigt jeden Tag aufs Neue, welche Lebensgefahr von ihm ausgeht. Wie hoch die Ansteckungsgefahr ist. Gerade deshalb wende ich mich an Sie. Denn in Haft, wo mehrere hundert Menschen auf engstem Raum leben, ist das Infektionsrisiko extrem hoch. Es gibt keinerlei Schutz, dass das Virus nicht hier rein gelangt. Denn jeden Tag kommen jede Menge Bedienstete, Verwaltungsangestellte etc. hier rein. Jeder von ihnen stellt ein erhöhtes Risiko dar, das Virus miteinzubringen. Und wenn es soweit ist, verbreitet es sich wie ein Lauffeuer. Und der drastische Anstieg der Infektionszahlen im Land zeigt, dass es so unwahrscheinlich nicht im Geringsten ist. Die Hygiene sowie auch die medizinische Versorgung in Haftanstalten ist eine Katastrophe und kaum gegeben. Wir wären dem Ganzen gnadenlos ausgeliefert, Ohne die Möglichkeit einer adäquaten und sachgemäßen Behandlung. In NRW fängt man nun seit einigen Tagen an rund 1000 Gefangene aus der Haft zu entlassen. Auch Gefangene, welche Haftstrafen von unter zwei Jahren haben
In Sachsen wurden bisher lediglich Ersatzfreiheitsstrafen entlassen. Jeden Tag steigt die Angst und Sorge vor einer Infektion. Seitens des Justizministeriums gibt es keinerlei Informationen wie weiter vorgegangen wird. Selbst Anwälte wissen nicht, welche Richtlinien verwendet werden. Ob zum Schutz für unsere Gesundheit, das Infektionsrisiko zu senken, weitere Entlassungen geplant sind.
Eben in Hinsicht auf:
– ältere Gefangene
– zur Risikogruppe zählende Gefangene
– psychisch kranke Gefangene
Um uns aber auch das System vor einer Pandemie zu schützen. Ich bitte abermals im Interesse von uns Gefangenen, aber dennoch zur Gesellschaft dazugehörenden Menschen, sich der Sache anzunehmen. Wir haben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit, welche einfach nicht mehr gewährleistet werden kann. Im Interesse unserer Gesundheit und deren Schutz, bitte ich Sie inständig solidarisch mit jedem Einzelnen von uns zu sein. Und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Angst, Sorge und Ungewissheit um unser Leben steigt von Tag zu Tag. Denken Sie auch an uns!
Mit freundlichen Grüßen
S. W.