Mama, warum hast du das getan? Mama, wann sehen wir uns wieder?

Gerade die zweite Frage stellt meine 5-jährige Tochter in letzter Zeit arg oft.. Und jedes Mal auf’s Neue zerreißt es mir mein Herz in 1000 Teile. Dieses kleine unschuldige Menschlein, was nichts dafür kann, was mir in meiner Vergangenheit passiert ist. Und dennoch lasse ich sie gerade mit dafür büßen. Aber weder sie noch mein Sohn können/konnten was dafür. Nie! Kein Tag vergeht, wo ich mich nicht dafür hasse und abgrundtief schäme. Nein, kein einziger Tag! Und diese Tage werden für immer bleiben!

Meine beiden Kinder waren immer alles für mich, mein Leben. Ich habe immer alles für die zwei gegeben, wie es sich für einen Mutter gehört. Aber eines leider nie – eine gesunde Mutter. Wenn ich nur eher den Mut gehabt hätte mich in Therapie zu begeben, müssten die wertvollsten Menschen in meinem Leben meinetwegen nicht so leider. Und genau das tun sie allein meinetwegen. Wegen meiner Angst mich mit meiner Vergangenheit auseinander zu setzen. Alles nich einmal durchleben zu müssen. Viel zu sehr war ich damit beschäftigt alles zu verdrängen, meine „leuchtende“, „starke“ Fassade aufrecht zu erhalten, das alles andere zur Nebensache wurde. Und genau das werde ich mir niemals verzeihen. Ganz oft, gerade zu Beginn der Haft, habe ich darüber nachgedacht, dass es für alles besser wäre, wenn ich aus dem Leben verschwinden würde; dass es den Menschen, gerade meinen beiden Kindern, ohne mich besser geht. Besser als eine Mutter im Knast, die sie vielleicht immer wieder enttäuschen wird. Ihre kleinen Seelen und Herzen noch mehr meinetwegen leiden müssen. Doch das wäre egoistisch – mein Leiden würde aufhören, ihres aber erst beginnen. Zu gut weiß ich das aus eigener Erfahrung. Nein, ich habe eine Verantwortung ihnen gegenüber. Und die habe ich ein Leben lang. Jeder Tag ist eine einzige Hölle hier drinnen mit den tausend Bildern der Vergangenheit in meinem Kopf, alleine mit den Bildern und Gedanken. Doch eines ist gewiss: Verdrängen lasse ich nie wieder zu in meinem Leben!

Nie wieder werde ich zulassen, dass meine Kinder mir solche Fragen stellen werden oder gar müssen. NIE WIEDER!

Ich werde kämpfen bis zum letzten Atemzug für die zwei und mich.

In erster Linie bin ich es ihnen mehr als schuldig. Wenn meine Tochter mich fragt warum ich das getan habe versuche ich ihr auf Kinderebene zu erklären, dass ich große Angst hatte vor Ärzten, weil ich dumm war. Ähnlich wie sie damals immer, wenn wir im Krankenhaus waren. Dann sagt sie immer „Aber Mama ich war dann immer tapfer und gesund.“ Ja und recht hat sie. Ich versuche ihr dann immer zu erklären, dass ich nun nur noch ein wenig Angst habe, aber ganz tapfer bin, wie sie es war, aber auch, dass ich noch ganz lange zu Ärzten gehen muss, um gesund zu werden.

Dann sagt sie immer „Mama ist nicht schlimm, ich war doch immer ganz oft im Krankenhaus stimmt’s? Und auch jetzt habe ich ganz lange kein Fieber mehr.“ Cleveres Mädchen.

An Tagen wie heute weiß ich nicht, was schlimmer ist – die Frage nach dem warum ich es tat oder wann wir uns wiedersehen. Bei den Tränen meiner Tochter – ich weiß es nicht!
Schlimmer ist es auf jeden Fall für uns beide auf letztere keine Antwort geben zu können. Denn keiner weiß wie lange die Besuchsverbote noch anhalten.

Auch habe ich einen Gnadenantrag gestellt, aber ganz ehrlich, man hat mir bisher die Chance nicht gegeben und wird es auch weiterhin nicht tun.

Die Besuche waren für beide extrem wichtig. Sie gaben ihnen das Gefühl von Sicherheit, dass ich trotz dass ich nicht da bin, wie sie es gewohnt waren dennoch irgendwie da bin.

Die kommende Zeit wird arg hart für alle. Das schlimmste ist, dass ich meinen Kindern nicht sagen kann wann es endet.

Für uns ist es schlimm, aber 1000x schlimmer für unsere Kindern und Angehörigen.

Ich hoffe, dass ich meinen Kindern bald die Frage wann wir uns wiedersehen werden beantworten kann.