Neues aus dem Knast..

                                                                                                   Anfang Februar 2020

Ein Leben hinter Gittern – der Angst, der Hoffnungslosigkeit, aber ab und an Zuversicht!

Viele werden sich nun nach dem Sinn des Titels fragen. Und ich werde versuchen, dass sie ihn am Ende verstehen. Im Moment habe ich noch mehr Zeit, mich, mein Leben, mein Dasein zu hinterfragen. Also auch, um mein Leben zu reflektieren. Noch mehr Zeit deshalb, da ich für 7 Tage 23 Stunden Einschluss habe.

Dazu mehr in meinem Artikel über „Gleichberechtigung“. Seit 889 Tagen bin ich nun in dieser Hölle. Und einige kennen meinen Kampf. Jeder einzelne Tag ist eine Zerreißprobe hier drinnen. Bestimmt durch Angst, Angst vor der nächsten Panikattacke, Angst vor der nächsten Hiobsbotschaft von draußen, Angst vor der nächsten Schikane des Systems und den ausführenden Objekten. Aber auch Angst davor wieder draußen zu sein. Angst nicht mehr in das normale Leben zu finden. Angst davor es wieder nicht zu schaffen. Angst wieder Menschen und auch sich selbst zu enttäuschen. Dann macht sich oft auch Hoffnungslosigkeit breit. Wenn man macht und macht und sich dennoch nicht nach vorne bewegt. Dass egal, was man versucht, es doch wider abgelehnt wird. Wodurch schnell auch wieder Angst die Hauptrolle spielt. Angst davor weiter zu machen – einen Kampf, der hoffnungslos ist. Denn es erweckt den Anschein, dass ich nicht gewinnen kann. Egal was ich versuche, mache und tue – ich drehe mich ja doch nur im Kreis.

Seit Beginn der Haft tue ich alles, um die Hilfe zu erhalten, die ich brauche. Dringend brauche!

Meine Agoraphobie1 und Panikstörung hat mein Leben vor der Haft schon bestimmt, zur Hölle gemacht. Weswegen ich auch für haftunfähig erklärt wurde. Doch interessiert es nur leider kein Gericht.

Mit jedem Tag wird es schlimmer und schlimmer. Erneut habe ich einen Antrag gestellt, die Haft zu unterbrechen, damit ich endlich die Behandlung bekommen kann, die Gutachter empfohlen haben und ich dringender denn je brauche. Doch mache ich mir nichts mehr vor, auch dieses Mal wird es abgelehnt werden. Denn auch diese Mal wird die JVA irgendwas geschehen lassen, um es zu verhindern. Sonst müsste sie sich ja eingestehen einen Fehler gemacht zu haben. Und das werden die niemals zugeben!

Das Schlimme ist, dass dadurch billigend in Kauf genommen wird, das es zu einer chronischen Erkrankung wird. Oft werde ich dennoch bewundert, wie stark ich doch bin. Tja – nur leider ist das oft mehr Schein als Sein. Auch leider zum Selbstschutz. Schon einmal hat mich eine Fehlinterpretation der JVA in den BgH (Besonders gesicherter Haftraum = Bunker) gebracht.

Also ab in das alte Muster – keine Gefühle zeigen vor denen. Wenn die Tür dann zu ist, dann fließen Tränen. Tränen der Angst, der Hoffnungslosigkeit, aber auch der Wut. Was mir aber bei allem Unheil hilft, ist die Tatsache, dass ich nicht alleine bin. Durch meinen niemals enden werdenden Kampf, habe ich unglaublich tolle Menschen kennen gelernt. Am Anfang war ich sehr skeptisch und ängstlich. Zu oft war ich von Menschen arg böse enttäuscht worden.

Doch nach und nach lernte ich zu vertrauen, lernte dass ich es auch kann. Dass es wirklich Menschen gibt, die mich so mögen, wie ich bin. Und ich weiß selbst, dass ich oft nicht einfach bin. Diese Menschen sind in erster Linie meine zwei super T’s. Und meine erste große wahre Liebe. Ja, man kann diese hinter Gittern finden. Gott, ich kann das Kopfschütteln einiger Leser schon förmlich hören. Ich selbst hätte es auch nicht für möglich gehalten. Vor einem Jahr hätte ich jeden ausgelacht, der das behauptet hätte. Doch mein Herz und mein Bauchgefühl sagen mir nun eindeutig – es geht! Und mein Herz lügt nicht. Vor 9 Jahren, während meiner letzten Haft, hab ich meine nun mehr aller beste Freundin kennen gelernt. Und dies hätte ich vorher nie für möglich gehalten. Doch es geht – ich schwör’s!

Für Menschen, die in Haft waren, ist es arg schwer im Anschluss Anschluss zu finden. Man passt eben nicht mehr in die Gesellschaft, bzw. in das Bild davon. Dabei sind wir alle Menschen. Menschen, die alle zum ersten Mal leben und Menschen machen Fehler. Die einen mehr, die anderen weniger. Menschen, wie ich wurden durch Richter dafür bestraft und werden es hier drinnen 2-3 mal mehr! Das Schlimme ist, dass man auch im Anschluss noch dafür bestraft wird und durch die Gesellschaft wie Aussätzige behandelt wird. Die nicht stattfindende Resozialisierung hinter Gittern und die engstirnige Gesellschaft im Anschluss, sowie die negativen Nachwehen der Haft an sich, sind der Grund, warum es viele nicht schaffen hinterher ein normales Leben zu führen. – immer wieder hier landen. Ein nicht enden wollender Kreislauf. Viele haben hier drinnen auch keine Unterstützung, haben auch hinterher niemanden. Ein Schicksal, das ich ganz oft mitbekomme, was mir jedes Mal Gänsehaut verpasst. Ich kann, und das tue ich auch, mich glücklich schätzen für die ganze Unterstützung, die ich erhalte.

Selbstverständlich ist das für mich nicht im Geringsten. Bis vor knapp zwei Jahren war ich allein. Oder anders gesagt, ich hatte Menschen in meinem Leben, die zwar da waren, aber nur solange ich es war. Ich war diejenige, die immer für alle da war. Aber wenn ich jemanden brauchte, der für mich da war, war ich allein.

Was es auch nicht unbedingt einfach für mich gemacht hat, Menschen in mein Leben zu lassen. Deshalb war es für mich auch unglaublich schwer das Ganze, die Unterstützung und alles anzunehmen. Doch diesen Menschen geht es um mich als Mensch und nicht nur das, was ich leiste/gebe. Zum ersten Mal in meinem Leben!

Und das Gefühl war am Anfang erschreckend, doch nun ist es einfach nur noch schön. Es gibt mir die nötige Zuversicht für jetzt und für hinterher. Denn ich bin nicht mehr allein! Und das ist das, was mir die Zuversicht, aber auch die Kraft gibt, jeden Tag weiter zu machen. Auch wenn es arg oft schwer fällt. Ich werde nicht aufhören zu kämpfen, mich aufzulehnen und nicht aufgeben!

Das „Leben“ hier drinnen ist die pure Hölle, geprägt von Angst und Hoffnungslosigkeit. Aber Dank meiner zwei super T’s, meiner großen Liebe, meiner besten Freundin und den vielen anderen Unterstützern und natürlich der besten Anwältin ever, habe ich die nötige Zuversicht, dass alles irgendwann endet und besser wird. Ich danke Euch von Herzen – es tut gut Euch in meinem Leben zu wissen.

I know I’m not alone!

Together we are strong!

Eine Stimme ist ein Solo,

viele Stimmen sind ein Chor

und können gemeinsam sich schaffen Gehör!

Eure Sunny W.

1„Die Agoraphobie bezeichnet die Angst vor der Außenwelt und ist die häufigste Form der Angststörung. Ein Patient, der unter dieser Störung leidet, hat Angst vor Situationen, aus denen er nicht flüchten kann oder gar glaubt, die Kontrolle über sich zu verlieren. […] Die Situationen, die diese Ängste hervorrufen, werden zunehmend gemieden und die Ängste auf Umgebungen übertragen, die bisher keine Angstgefühle auslösten. Es entsteht die sog. Angst vor der Angst.“ (https://flexikon.doccheck.com/de/Agoraphobie)

One thought on “Neues aus dem Knast..”

Comments are closed.